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Wine: So nutzen Sie das “Ersatz-Windows” in Linux-Form







Windows-Programme lassen sich unter Linux mit Wine starten. Dieses Werkzeug ist nicht perfekt und unterstützt längst nicht jedes Programm. Mit der richtigen Konfiguration kann man jedoch erfolgreich sein.

Virtualbox
bietet Ihnen eine einfache und zuverlässige Methode, um Windows-Programme unter Linux zu benutzen. Die Nachteile: Wer Windows dauerhaft im virtuellen PC verwenden möchte, benötigt dafür einen gültigen Produktschlüssel, mit dem sich das System aktivieren lässt. Außerdem stellt die Virtualisierung des kompletten Betriebssystems gewisse Anforderungen an die Hardware, und nicht alles läuft immer flüssig. Eine Alternative ist

Wine
, eine Windows-Lizenz ist dafür nicht erforderlich. Da keine Virtualisierung notwendig ist, laufen die Anwendungen recht flott. Allerdings ist das Original-Wine keine simple Klick-Lösung. Oft sind Anpassungen und bestimmte Softwarepakete erforderlich, damit ein Programm läuft. Es gibt jedoch Tools, die Ihnen die Konfiguration erleichtern.

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1. Wie Wine funktioniert

Windows-Anwendungen unter Linux: Wine bildet die Windows-API nach und setzt die Aufrufe für Linux um. Das funktioniert allerdings nur dann, wenn die API-Funktion in Wine bereits vorhanden ist.

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Windows-Anwendungen unter Linux: Wine bildet die Windows-API nach und setzt die Aufrufe für Linux um. Das funktioniert allerdings nur dann, wenn die API-Funktion in Wine bereits vorhanden ist.

Wine ist kein Emulator und auch kein Virtualisierer. Das Projekt hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Windows-Umgebung für Programme nachzubauen. Dazu muss man wissen, dass Programme nur selten isoliert funktionieren. Normalerweise sind zahlreiche Programmbibliotheken – meistens DLL-Dateien – notwendig, die unter Windows entweder bereits vorhanden sind oder vom Setup-Tool eingerichtet werden. Eine App lädt diese Bibliotheken automatisch und verwendet dann die enthaltenen Funktionen. Programmierer bezeichnen dies als API-Aufrufe (Application Programming Interface). Da Windows keine Open-Source-Software ist, ist diese API nicht vollständig dokumentiert. Außerdem ändern sich die Aufrufe bei jeder Windows-Version und mit jedem Update. Die Wine-Entwickler müssen daher jedes Programm genau untersuchen und feststellen, welche Funktionen es erwartet. Die Entwicklung kann zwangsläufig nicht mit Windows Schritt halten. Deshalb laufen ältere und einfache Programme besser mit Wine als neue und komplexe Anwendungen. Bei brandaktuellen Windows-Anwendungen können Sie von Wine kaum Unterstützung erwarten. Microsoft Office 365 beispielsweise oder Adobe Photoshop 2021 laufen nicht oder nur unzulänglich mit Wine. Dafür funktionieren aber ältere Versionen wie Microsoft Office 2010 oder Adobe Photoshop CS2.

2. Aktuelle Wine-Version installieren

Was läuft unter Wine? Die Anwendungsdatenbank unter https://appdb.winehq. org liefert Informationen zu Programmen, die unter Wine erfolgreich oder weniger erfolgreich getestet wurden.

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Was läuft unter Wine? Die Anwendungsdatenbank unter https://appdb.winehq. org liefert Informationen zu Programmen, die unter Wine erfolgreich oder weniger erfolgreich getestet wurden.

Zumeist sind neuere Versionen eines Programms zu bevorzugen. Updates enthalten neue Funktionen und Fehler wurden behoben. Das ist auch bei Wine selbst nicht anders, allerdings bewirken die Verbesserungen manchmal, dass Programme mit einer neueren Version nicht laufen. Ursache dafür ist teilweise der jeweilige Entwicklungsschwerpunkt. So gab es beispielsweise in letzter Zeit eine Vielzahl von Verbesserungen bei der Grafikausgabe, von der vor allem Spiele profitieren, andere Programme aber nicht in jedem Fall. Ob ein Windows-Programm in Wine läuft, müssen Sie ausprobieren.

Vor der Installation lohnt sich ein Blick in die durchsuchbare Anwendungsdatenbank

https://appdb.winehq.org
. Hier erfahren Sie, wie gut oder schlecht es um die aktuelle Unterstützung einer Software steht. Alle Anwendungen, die weniger als „Gold“-Status haben, laufen üblicherweise erst nach einigen Klimmzügen. Zahlreiche Einträge enthalten aus diesem Grund eine Minianleitung mit Installationshinweisen. Die Wine-Version, mit der ein Test durchgeführt wurde, ist ebenfalls vermerkt.

In den Standardpaketquellen von Ubuntu 20.04 und Linux Mint 20 gibt es mehrere Versionen. Das Paket „wine“ liefert zurzeit die Version 5.0.3 und „wine-development“ die Version 5.5.3. Zusätzlich sollten Sie die Pakete „winbind“ und „cabextract“ installieren, die einige Programme benötigen. Wer eine neuere Version bevorzugt, nutzt die Pakete von Wine HQ. Um das Repositorium einzurichten, verwenden Sie die folgenden vier Befehle: 

sudo dpkg --add-architecture i386 # Nur auf 64-Bit-Systemen notwendig
wget -O - https://dl.winehq.org/wine-builds/winehq.key | sudo apt-key add - 
sudo apt-add-repository ‚https://dl.winehq.org/wine-builds/ubuntu/‘ && sudo apt update 

Im Anschluss daran installieren Sie mit 

sudo apt install --install-recommends winehq-staging winbind cabextract

die derzeit aktuellste Version 6.15. Für die etwas ältere Version 6.0.1 installieren Sie das Paket „winehq-stable“. Außerdem gibt es das Paket „winehq-devel“, über das sich die neueste Entwicklerversion installieren lässt (siehe auch Kasten „Zwischen Wine-Versionen wechseln“).

3. Zusatzpakete für Wine einrichten

Erforderliche Software: Windows benötigt für zahlreiche Funktionen die .Net-Laufzeitumgebung. Damit diese unter Wine ansprechbar ist, wird das Paket „wine-mono“ installiert.

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Erforderliche Software: Windows benötigt für zahlreiche Funktionen die .Net-Laufzeitumgebung. Damit diese unter Wine ansprechbar ist, wird das Paket „wine-mono“ installiert.

Wine fordert bei der Einrichtung jeder Windows-Instanz die Installation von wine-gecko (Wine Internet Explorer, der auf Mozilla-Gecko basiert) wie auch von wine-mono (.Net-Laufzeitumgebung) an. Da Sie wahrscheinlich mehrere Windows-Instanzen benötigen, kostet das viel Platz auf der Festplatte. Installieren Sie die erforderlichen Dateien deshalb mit folgenden Befehlen für die gemeinsame Nutzung (fünf Zeilen).

sudo mkdir -p /usr/share/wine/gecko 
sudo mkdir -p /usr/share/wine/mono 
wget -O - https://dl.winehq.org/wine/wine-gecko/2.47.2/wine-gecko-2.47.2-x86.tar.xz | sudo tar -xvJf - -C /usr/share/wine/gecko
wget -O - https://dl.winehq.org/wine/wine-gecko/2.47.2/wine-gecko-2.47.2-x86_64.tar.xz | sudo tar -xvJf - -C /usr/share/wine/ gecko
wget -O - https://dl.winehq.org/wine/wine-mono/6.3.0/wine-mono-6.3.0-x86.tar.xz | sudo tar -xvJf - -C /usr/share/wine/mono

Passen Sie die Versionsnummern und Pfade an, wenn aktuellere Dateien verfügbar sind. Ermitteln Sie diese über

https://dl.winehq.org/wine
. Für ältere Wine-Versionen benötigen Sie teilweise andere Dateien. Die Zuordnungen finden Sie dann unter

https://wiki.winehq.org/Gecko
beziehungsweise unter

https://wiki.winehq.org/Mono
.

Jetzt benötigen Sie noch ein Script, welches den Umgang mit Wine komfortabler gestaltet. Installieren Sie es in Ihrem Home-Verzeichnis mit diesen vier Befehlen: 

wget http://winetricks.org/winetricks -O ~/bin/winetricks 
chmod +x ~/bin/winetricks 

Die letzte Zeile nimmt den Ordner „~/bin“ in die Path-Variable auf. Die „Winetricks“ sollten Sie regelmäßig erneut herunterladen.

Das Script enthält zahlreiche Download- URLs, die manchmal nach einiger Zeit nicht mehr funktionieren.

4. Die erste Wine-Konfiguration

Basiskonfiguration: Über winecfg lässt sich für eine Wine-Instanz beispielsweise die Windows-Version festlegen oder die Bildschirmauflösung anpassen.

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Basiskonfiguration: Über winecfg lässt sich für eine Wine-Instanz beispielsweise die Windows-Version festlegen oder die Bildschirmauflösung anpassen.

Nach der abgeschlossenen Installation von Wine starten Sie zunächst einmal das Konfigurationsprogramm mit diesem Befehl: 

Das Programm legt daraufhin eine Umgebung für Wine in dem versteckten Ordner „.wine“ im Home-Verzeichnis an. Hier liegen unter „~/.wine/drive_c“ alle Systemund Anwendungsdateien. Um die Dateien sehen zu können, gehen Ubuntu-Nutzer im Dateimanager Nautilus auf das Hamburger-Menü (drei horizontale Striche) und setzen ein Häkchen hinter „Verborgene Dateien anzeigen“. Unter Linux Mint befindet sich die Option im Dateimanager Nemo unter „Ansicht –› Verborgene Dateien anzeigen“. Im Ordner „~/.wine/drive_c/win dows“ befinden sich die Dateien der Windows-Installation. Ubuntu-Nutzer können hier unter anderem den Dateimanager „ex plorer.exe“ per Doppelklick starten und darüber dann weitere Programme. Unter Linux Mint müssen Sie zuerst im Kontextmenü auf „Eigenschaften“ gehen, danach auf die Registerkarte „Öffnen mit“ und nun wine in die Befehlszeile eintippen.

winecfg prüft auch die Laufzeitumgebungen und bietet an, die Browser-Engine Gecko oder Mono (.Net) nachzurüsten, falls noch nicht vorhanden. Eine Standardkonfiguration erstellt das Tool automatisch. Einige Optionen lassen sich anpassen, wie etwa die Windows-Version, das Audiogerät für die Soundausgabe oder auch die Bildschirmauflösung.

Siehe auch:

Grafikkarten & Monitore in Linux optimal nutzen

5. 64-Bit- oder 32-Bit-Umgebungen erstellen

Abkürzung: Wer Wine häufig im Terminal startet, der sollte in der „.bashrc“ ein Alias festlegen, um die Variablen „WINEARCH“ und „WINEPREFIX“ schnell zu übergeben.

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Abkürzung: Wer Wine häufig im Terminal startet, der sollte in der „.bashrc“ ein Alias festlegen, um die Variablen „WINEARCH“ und „WINEPREFIX“ schnell zu übergeben.

Unter einem 64-Bit-Linux legt Wine ebenfalls die Dateien für ein 64-Bit-Windows an. Das kann im Einzelfall notwendig sein, wenn es die gewünschte Anwendung nur mit 64 Bit gibt. Zurzeit gibt es aber von den meisten Programmen auch eine 32-Bit-Version, die unter Wine flüssiger läuft. Zudem werden einige Zusatzbibliotheken, wie zum Beispiel die .Net-Laufzeitumgebungen, von einem 64-Bit-Wine nur unvollständig oder gar nicht unterstützt. Mit dieser Befehlszeile erstellen Sie eine 32-Bit-Umgebung: 

WINEARCH=win32 WINEPREFIX=~/.wine32 winecfg 

Die Variablen „WINEARCH=win32 WINEPR EFIX=~/.wine32“ gehören vor jeden Programmstart, der dieses Präfix verwenden soll. Alle Dateien landen jetzt in dem Ordner „.wine32“ im Home-Verzeichnis.

Wer diese Wine-Umgebung vorwiegend benutzen möchte, der sollte ein Alias in der Datei „.bashrc“ einbauen: 

alias win32=‘WINEARCH=win32 WINEPREFIX=~/.wine32‘

und die Datei mit

neu einlesen. Als Abkürzung genügt so- dann beispielsweise der Befehl

für eine Neukonfiguration.

Ein „Wineprefix“ empfiehlt sich auch in Situationen, in denen Windows-Programme viele eigene Bibliotheken oder Einstellungen benötigen, die andere Anwendungen beeinträchtigen können. Ein zusätzliches „Wineprefix“ für 64-Bit-Anwendungen lässt sich zum Beispiel mit WINEPREFIX=~/.wine64 winecfg erstellen.

6. Windows-Programme installieren und starten

Fehler interpretieren: Findet ein Programm „MSVBVM60.DLL“ nicht, muss man die Visual- Basic-6-Laufzeitumgebung über Winetricks nachinstallieren.

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Fehler interpretieren: Findet ein Programm „MSVBVM60.DLL“ nicht, muss man die Visual- Basic-6-Laufzeitumgebung über Winetricks nachinstallieren.

Anwendungen oder Setup-Programme lassen sich im Terminal mit vorangestelltem „wine“ starten. Wenn ein Alias definiert ist, wie in Punkt 5 vorgeschlagen, dann kann der Aufruf eines Setup-Programmes beispielsweise mittels

win32 wine ~/Downloads/Setup.exe

erfolgen. Wenn die Installation oder der Start fehlschlägt, helfen meistens die Meldungen im Terminal weiter.

Ein Beispiel: Das beliebte Programm

Myphone Explorer
 lässt sich problemlos mit Wine installieren. Der Start im Terminal kann nach der Installation mit den zwei Zeilen 

cd ~/‘.wine32c/drive_c/Program Files/MyPhoneExplorer‘ 
win32 wine MyPhoneExplorer.exe

oder mit

win32 wine start ‚C:Program FilesMyPhoneExplorerMyPhoneExplorer.exe‘

erfolgen. Die Groß-Klein-Schreibung wird wie unter Linux üblich berücksichtigt. Beide Aufrufe wechseln das Arbeitsverzeichnis. Meist ist das nötig, damit das Programm Ressourcen im Installationsordner findet. Im Terminal tauchen zahlreiche Meldungen auf, darunter auch 

0100:err:module:import_dll Library MSVBVM60.DLL (which is needed by L“C:\Program Files\ MyPhoneExplorer\ MyPhoneExplorer.exe“) not found 

„MSVBVM60.DLL“ ist die Visual-Basic-6- Laufzeitbibliothek, die das Programm benötigt. Mit der Zeile 

lässt sich die Bibliothek installieren. Im Anschluss daran startet Myphone Explorer ohne Probleme.

Relativ häufig sind auch Visual-C++-Bibliotheken erforderlich – etwa „Msvcrt40.dll“ oder „Msvc100.dll“ oder eine bestimmte .Net-Laufzeitumgebung. Auch diese lassen sich mit Winetricks installieren. Die Zeile

gibt eine Liste mit Bezeichnungen und DLL-Namen aus. Ist ein Programm im Terminal erfolgreich getestet, lässt es sich auch über eine Suche nach Klick auf „Aktivitäten“, über das Mint-Startmenü oder mit einem Desktop-Icon starten.

Tipp: Der Aufruf von winetricks ohne Optionen startet die grafische Oberfläche. Unter „Ein Programm installieren“ und „Ein Spiel installieren“ finden Sie Installationshilfen für populäre, aber meist ältere Windows-Programme. Optionen erreichen Sie über den Punkt „Standard wineprefix auswählen“. Das nachfolgende Menü erlaubt Ihnen die Installation von häufig benötigten DLLs sowie Schriftarten.

Software auswählen: Playonlinux zeigt verfügbare Programme in Kategorien an. Das Tool kann mehrere Wine-Versionen verwenden und richtet bei Bedarf zusätzliche Pakete ein.

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Software auswählen: Playonlinux zeigt verfügbare Programme in Kategorien an. Das Tool kann mehrere Wine-Versionen verwenden und richtet bei Bedarf zusätzliche Pakete ein.

Playonlinux
 hilft, die richtige Konfiguration bei der Installation von Windows-Programmen mit Wine zu finden. Das Tool richtet automatisch eine ältere Wine-Version ein, wenn diese für eine bestimmte Anwendung als stabiler gilt. Playonlinux ist in den Standardpaketquellen von Ubuntu und Linux Mint enthalten und lässt sich über das gleichnamige Paket installieren.

Nach dem Start des Programms klicken Sie auf „Installieren“ und daraufhin auf eine Rubrik, beispielsweise „Büro“. Wählen Sie die gewünschte Anwendung und klicken Sie auf „Installieren“. Folgen Sie den Anweisungen des Assistenten. Wenn Sie dazu aufgefordert werden, geben Sie den Pfad der Installations-CD/DVD oder der Setup-Datei auf der Festplatte an. Die letzte Version von Playonlinux stammt aus dem Jahr 2018 und das Programm wird offenbar nicht mehr weiterentwickelt. Der designierte Nachfolger heißt Phoenicis und befindet sich derzeit noch

in einer sehr frühen Entwicklungsphase
.

Einen recht vielversprechenden Ansatz liefert Sommelier (https://github.com/Colum Paget/sommelier). Das Tool läuft im Terminal und ermöglicht Ihnen den schnellen Download wie auch die Installation von Windows-Anwendungen unter Linux. Wine muss bereits installiert sein. Bislang gibt es Sommelier

lediglich als Quellcode
. Damit er sich kompilieren lässt, installieren Sie einige zusätzliche Pakete: 

sudo apt install build-essential libc6-dev-i386 libgl-dev libssl-dev p7zip-full

Im Ordner des entpackten Quellcodearchives genügen dann diese vier Befehle: 

./configure --enable-ssl 

Mithilfe von sommelier list erhalten Sie eine Liste der verfügbaren Anwendungen und Spiele. Whatsapp lässt sich beispielsweise mittels sommelier install Whats App einrichten.

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